Zahlenmäßig stark dezimiert brachen wir heuer ins Engadin auf. Leider mussten wir drei Kumpels aus den vergangenen Jahren vermissen: einer war lieber am Segelschiff statt am Rad, einer träumt von der Radreise zu den Loire-Schlössern und einer hatte einen echten Grund und war krank.
Wettermäßig hatten wir – im Gegensatz zu den vergangenen Jahren – richtig Glück, kein Regentropfen streifte unsere Bikes. Dafür durften wir heuer fleißig schieben bzw. teilweise tragen, denn so manche Etappe entpuppte sich zwar als wunderschön aber leider hinauf nicht so perfekt fahrbar wie erhofft. Dafür war die wohl die Tour der Super-Trails – selten so abwechslungsreiche und spannende Trails gefahren wie dieses Jahr!

 

Tag 1: Von Scuol nach Santa Maria Müstair

Zu Beginn eine recht gemütliche Etappe. Recht flach zieht sich eine 13 km lange Forststraße von Scuol ins 1.800 m hoch gelegene S-Charl. Ab hier weitet sich dann das Tal und die Straße zieht hinauf zur Alpe Astras.

Weite Almböden auf der Fuorcla Funtana da S-Charl

Weite Almböden auf der Fuorcla Funtana da S-Charl

Begleitet von den neugierigen Blicken der Almkühe schieben wir unsere Bikes über wunderschöne Almböden zum Sattel Fuorcla Funtana da S-Charl auf 2.400 m. Der letzte Schnee hat sich wohl gerade zurückgezogen und wir können unbeschwert zur Alp da Munt hinuntersausen.

Das letzte Teilstück ist dann ein wirklich lässiger und flowiger Trail, der in unzähligen Serpentinen ins Tal hinunterzieht und uns auf die Bundesstraße entlässt, die uns in 20  Minuten zu unserem Etappenziel St. Maria Müstair bringt.

Einziges Wermutströpferl ist die Schweizer Gastronomie, die ihrem Ruf – preislich teuer und qualitativ mittelmäßig – voll und ganz gerecht wird.

Scuol – S-Charl – Fuorcla Funtana da S-Charl – Samta Maria
40km, 1.400 Hm bergauf, 1.320 Hm bergab

 

 

Tag 2: Über den Umbrailpass und die Bochetta di Forcola

Ein anstrengender aber landschaftlich schöner Anstieg bringt uns auf der Asphaltstraße (leider) von Santa Maria auf den 2.500m hohen Umbrailpass. Oben angelangt geht’s – nach ausgiebiger Bewundereung des Stilfser Jochs -und einer verdienten Kaffeepause – rechts ab ins Gelände. Und hier tut sich die so ziemlich die ultimativste Etappe auf, die man sich wünschen kann: gut fahrbare schmale Trails, ein kurzes Schiebestück auf die Bochetta di Forcola, weiter zur unwesentlich niedrigeren Bocchetta di Pedenolo.

Über alte Militarias geht's von der Bocchetta di Pedenolo hinunter ins Tal

Über alte Militarias geht’s von der Bocchetta di Pedenolo hinunter ins Tal

Und hier beginnt dann der Mega-Trail runter zu den Cancano-Seen: Zuerst eine flowige alte Militärstraße durch Schneefelder, dann der spektakuläre Blick in den Abgrund, wo ein schmaler Pfad in Kehren abwärts führt. Wer hier blöd stürzt, der findet sich ein paar hundert Höhenmeter tiefer in der Schlucht. Aber trotz Geröll und losem Schotter ist der Trail fast durchwegs fahrbar.

Jetzt nur noch ein kurzes Stück an den Cancano-Seen vorbei und zack, ab nach Bormio, wo schon das leckere Bier wartet.

Santa Maria – Umbrailpass – Bochetta di Forcola – Bocchetta di Pedenolo – Cancano – Bormio
53 km, 1.850 Hm bergauf, 2.30 Hm bergab

 

 

Tag 3: Über den Passo della Vallaccia

Trail-flow bei der Abfahrt vom Passo della Vallaccia

Trail-flow bei der Abfahrt vom Passo della Vallaccia

Den ersten Teil von Bormio aus müssen wir noch auf der Bundesstraße zurücklegen – wahrlich kein Vergnügen bei Sonntagsverkehr voll mit Autos, Motorrädern, Bussen. Aber nach circa 17 km geht es auf einer schmalen Nebenstraße ab ins Violatal (heißt das so?). Nach weiteren 2 km zweigen wir auf einen fürchterlich steilen Almweg, der uns auf eine namenlose Alpe in 2.400 m Höhe bringt. Ab hier heißt es nun schieben, sausteil etwa 250 Hm, bis wir endlich den höchsten Punkt dieser Etappe, den Passo della Vallaccia mit 2.611 m erreichen. Dafür werden wir bei jeder Pause mit einer immer grandiosen werdenden Aussicht auf die umliegenden, teils vergletscherten Berge belohnt.

Und nun folgt der große Spaß: ein wunderbar langer Trail, ca. 8 km das grüne Tal hinab. Nur noch kurz die Bundesstraße queren und einem Nebensträßchen folgen, das wiederum in einen Trail mündet, der fast genau am Ortsbginn unseres Etappenziels Livigno endet.

Bormio – San Carlo – Violatal – Passo della Vallaccia – Livigno
36 km, 1.650 Hm bergauf, 1.000 Hm bergab

 

 

Tag 4: Rückfahrt über den Ofenpass

Das heutige Höhenprofil verspricht nicht Gutes: 3x rauf, 3x runter und dazu 70 km Distanz. Gleich zu Beginn geht es vom Livigno-Stausee fürchterlich steil – also teils schiebend – auf den Alpisella-Pass. Zur Belohnung rollen wir dann auf einem gemütlichen Trail runter an den Lago di San Giacomo.

Gletscherpanorama am Alpisella-Pass

Gletscherpanorama am Alpisella-Pass

Doch gleich nach dem See schaffen wir es, uns in der Richtung zu irren und folgen einem hoppeligen Weg mit vielen kleinen aber bösartigen Aufs und Abs – bis wir merken, dass wir hier irgendwie falsch liegen. Ein Blick auf’s Navi zeigt gottseidank, dass wir den Fehler wettmachen können, indem wir einem Wandersteig folgen, der uns ebenfalls zum Zwischenziel Ofenpass bringen wird. Allerdings ist dieser Weg wieder mal dermaßen steil, dass auch hier gilt: 200 Hm schieben. Und selbst die letzten Kilometer zum Ofenpass sind teilweise schon fast klettersteig-ähnlich, wodurch die Fahrfreude etwas eingeschränkt wird.

Dafür führt die Route ab dem Ofenpass auf gut fahrbaren Almwegen den Kuhherden entlang, bis wir wir wieder auf unsere Tag-1-Etappe stoßen. Auf flowigem Trail geht’s vom Passo da Costainas zur Alp Astras und von hier aus auf dem gemütlichen Forstweg zurück nach Scuol.

[Leider war bei dieser Etappe wohl schon die Luft ein wenig draußen, was zu einer nur geringeren Fotoausbeute geführt hat.]

Livigno – Passo di Alpisella – Lago di San Giacomo – Passo di Val Mora – Ofenpass – Alp da Munt – Alp Astras – S-Charl – Scuol
ca. 60 km, 1.650 Hm bergauf, 2.150 Hm bergab

 

 

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